Kennst du das Problem, dass Home Assistant manchmal „denkt“, du bist nicht zu Hause – obwohl du gerade gemütlich auf der Couch sitzt? Oft liegt das daran, dass ein einzelner Sensor (z. B. dein Handy im WLAN) den Ausschlag gibt. Ist der Akku leer oder das WLAN kurz aus, geht Home Assistant davon aus: niemand zu Hause!
Genau hier kommt der Bayesian Sensor ins Spiel. Er arbeitet nicht mit starrer Logik, sondern mit Wahrscheinlichkeiten. Damit wird deine Präsenzerkennung so zuverlässig wie nie zuvor.
In diesem Beitrag zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du den Bayesian Sensor in Home Assistant einrichtest, konfigurierst und sinnvoll in deine Automatisierungen einbindest.
Was ist der Bayesian Sensor?
Der Bayesian Sensor (oft auch „Bayes-Sensor“ genannt) ist eine Integration in Home Assistant, die auf dem Bayes’schen Wahrscheinlichkeitsprinzip basiert. Das klingt erst mal nach Statistik, ist aber unglaublich nützlich: Der Sensor kombiniert verschiedene Zustände (z. B. WLAN-Verbindung, Tür geöffnet, Bewegung erkannt) und berechnet daraus eine Gesamtwahrscheinlichkeit, ob du zu Hause bist oder nicht.
Das Entscheidende: Du kannst jedem Sensor eine eigene Gewichtung geben. So denkt dein Smart Home nicht mehr in „Ja/Nein“, sondern in „Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand da ist?“
Beispiel:
WLAN ist verbunden → +20 %
Companion App meldet „Zuhause“ → +30 %
Haustür wurde geöffnet → +10 %
Bewegung im Flur → +15 %
➡️ Ab einer bestimmten Schwelle (z. B. 60 %) wird der Zustand auf „anwesend“ gesetzt.
Warum Wahrscheinlichkeiten besser sind als Logik
Die klassische Logik („UND“ / „ODER“) in Home Assistant ist anfällig für Störungen. Wenn du zum Beispiel folgende Bedingung nutzt:
„Nur wenn WLAN und Companion App beide ‘Home’ melden, gilt Anwesenheit als wahr“
…dann reicht ein kleiner WLAN-Aussetzer – und dein ganzes System glaubt, du bist weg. Lichter gehen aus, Heizung wird abgesenkt, und du wunderst dich, warum alles dunkel wird.
Mit dem Bayesian Sensor passiert das nicht. Er „denkt“ wie ein Mensch und gewichtet jede Information nach ihrer Verlässlichkeit.
Einrichtung des Bayesian Sensors in Home Assistant
🧭 Hinweis: Du findest die Integration unter Einstellungen → Geräte & Dienste → Integration hinzufügen → Bayesian Sensor
Ich zeige dir hier die wichtigsten Schritte an einem Beispiel für die Präsenzerkennung.
Grundwahrscheinlichkeit festlegen
Zuerst definierst du, wie wahrscheinlich es generell ist, dass du zu Hause bist. Wenn du z. B. werktags 8 Stunden arbeitest, kannst du sagen:
Grundwahrscheinlichkeit : 40 % , dass ich zu Hause bin
Die Wahrscheinlichkeitsschwelle habe ich auf 60% gelegt. D.h. wenn diese Schwelle überschritten wird, gilt der Zustand „zu Hause“ .
Beobachtungen (Observations) hinzufügen
Jetzt kommen deine Sensoren ins Spiel. Jede Beobachtung bekommt zwei Werte:
prob_given_true: Wahrscheinlichkeit, dass der Sensor „an“ ist, wenn du da bist
prob_given_false: Wahrscheinlichkeit, dass der Sensor „an“ ist, obwohl du nicht da bist
Hier ein Beispiel für die Companion App:
🧩 Damit sagst du: Wenn mein iPhone auf „home“ steht, bin ich mit 95 %iger Sicherheit zu Hause.
WLAN-Sensor hinzufügen
WLAN-Verbindungen sind nützlich, aber nicht immer zuverlässig (z. B. bei iPhones im Sleep-Modus). Ich nutze in meinem Setup Unifi, du kannst aber genauso gut die FritzBox-Integration oder einen Ping-Sensor verwenden.
Beispiel-Template (mit 10-Minuten-Check):
{% set wlan = states('device_tracker.unifi_default_54_eb_e9_bd_03_13') %}
{% set last_upd = as_timestamp(states.device_tracker.unifi_default_54_eb_e9_bd_03_13.last_updated, 0) %}
{% set age = as_timestamp(now()) - (last_upd or 0) %}
{{ wlan == 'home' or (age < 10) }}
Türkontakt als zusätzlicher Indikator
Wenn du nach Hause kommst, öffnest du normalerweise eine Tür. Das kannst du clever nutzen, um die Wahrscheinlichkeit weiter zu erhöhen:
Dadurch berücksichtigt der Sensor Türaktivität nur in den letzten zwei Minuten – perfekt für das Szenario „Nach Hause kommen“.
Live-Test & Feinabstimmung
Nachdem du alles eingerichtet hast, kannst du den Zustand in den Entwicklerwerkzeugen prüfen. Die Entität zeigt dir:
Wenn du z. B. dein WLAN deaktivierst, sinkt der Wert leicht – bleibt aber über 0.6, solange andere Sensoren „Zuhause“ melden.
So erreichst du endlich ein stabiles Verhalten, auch bei kleinen Aussetzern.
Erweiterte Anwendungen
Der Bayesian Sensor kann weit mehr als nur Präsenzerkennung. Ein paar Ideen, wie du ihn nutzen kannst:
Nachtmodus aktivieren, wenn:
keine Bewegung mehr erkannt wird
alle Media Player aus sind
bestimmte Lichter aus sind
„Nicht zu Hause“-Modus, wenn:
niemand mehr aktiv ist
Tür längere Zeit geschlossen bleibt
Bewegungsmelder inaktiv sind
Dadurch erhältst du fließende Zustände, die viel realistischer wirken als reine Logik.
Kombination mit Automatisierungen
Du kannst den Bayesian Sensor wie jeden anderen Binärsensor in Automationen nutzen:
alias: Licht ausschalten bei Abwesenheit
trigger:
- platform: state
entity_id: binary_sensor.tobias_zuhauses_bayes
to: 'off'
action:
- service: light.turn_off
target:
area_id: wohnzimmer
Tipps für dein Setup
✅ Starte mit 2–3 Beobachtungen und erweitere schrittweise ✅ Teste Änderungen über die Entwicklerwerkzeuge ✅ Achte auf realistische Gewichtungen (WLAN nie zu hoch gewichten) ✅ Nutze Templates, um zeitbasierte Bedingungen (z. B. „letzte 10 Minuten“) einzubauen ✅ Lies die Wahrscheinlichkeiten aus und beobachte den Verlauf über ein paar Tage
Fazit – Warum der Bayesian Sensor so stark ist
Der Bayesian Sensor ist für mich einer der unterschätztesten, aber mächtigsten Sensoren in Home Assistant. Er ermöglicht eine flexible, menschlich anmutende Logik – ohne komplizierte Node-RED-Flows oder YAML-Monster.
Ich verwende ihn mittlerweile für:
Präsenzerkennung
Nachtmodus
Energiesteuerung (z. B. „Wahrscheinlichkeit, dass jemand gleich heimkommt“)
und Szenarien mit mehreren Personen
👉 Probiere es aus – du wirst schnell merken, wie stabil deine Automatisierungen werden.
Schreib mir gerne in die Kommentare, wofür du den Bayesian Sensor nutzt oder welche Kombinationen bei dir besonders gut funktionieren.